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Fresken

Im Jahr 1941 beklagte  das Landesamt für Denkmalpflege in München in einem Brief an den Bürgermeister von Oettingen folgenden Tatbestand: „Wie unser Sachbearbeiter bei einer kürzlichen Besichtigung feststellen mußte, ist im Innern der Annakapelle der Verputz fast bis zur Decke abgeschlagen. An einer Stelle ist deutlich zu sehen, dass sich noch unter der oberen Putzschicht Malereien befanden, die jetzt zerstört sind. Das Vorgehen widerspricht unseren ausdrücklichen mündlichen Weisungen und denen unseres Gutachters vom 25.11.1940. Wir bitten um Feststellung, wo hier der Schuldige ist. Er trägt die Verantwortung dafür, dass die Stadt Oettingen um einen wahrscheinlich hohen Wert ärmer geworden ist.“

Es ist nun umso überraschender, dass bei den Sanierungsarbeiten  am Zusammenschluss von nördlicher Innen- und linker Chorbogenwand, unmittelbar unter der Decke noch Fresken gefunden wurden. Ein Glück, dass die damaligen Handwerker wahrscheinlich schlampig gearbeitet haben und  aus Bequemlichkeit den Putz nicht ganz bis unter die Decke abgeschlagen haben.

Das von  dem Restaurator Thomas John behutsam freigelegte Fresko zeigt in der Bildmitte am oberen Rand Gottvater von einem Halbkreis umrahmt im schwarzen Mantel und mit gezwirbeltem Bart.

 Seine Arme weisen in Richtung Maria, die Gottesgebärerin, die auf der rechten Seite als ganze Figur mit betenden Händen dargestellt ist. Eine fliegende Taube, zum Teil in den Kopf von Maria eingezeichnet, symbolisiert den heiligen Geist. Auf der linken Bildhälfte ist der Erzengel Gabriel auf schwarzem Hintergrund mit großen Flügeln und einer Banderole zu sehen. Ob auf dieser jemals eine Inschrift stand, ist ungewiss, da keinerlei Buchstaben mehr gefunden wurden. Es kann aber angenommen werden, dass darauf der Friedensgruß „Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mir dir“ stand. Zwischen Gottvater, Taube und Maria ist das Jesuskind dargestellt, in der Form eines Kleinkindes, nackt mit angewinkelten Beinen auf dem Bauch (f)liegend.
     

Nach der Freilegung des Freskos wurde beschlossen, dass zukünftig keinerlei Arbeiten mehr am Mauerwerk des Innenraums der Kapelle über der Zwei-Meter-Marke vorgenommen werden dürfen, um eventuell bis dato nicht entdeckte, aber noch vorhandene Fresken vor weiteren Zerstörungen zu schützen, da die Möglichkeiten, verborgene Fresken zu entdecken, durch bahnbrechende Erfindungen in der Laser- und Computertechnik und den Einsatz vom Tomografen immer größer werden. 

Weiterhin wurden Reste von Schwarzmalereien in einer Fensterlaibung an der Innenseite der südlichen Kapellenwand freigelegt, welches als Rollwerk bezeichnet wird. Das Rollwerk ist eine Dekorationsform, die hauptsächlich in der deutschen Renaissance des 16. und frühen 17. Jahrhunderts vorkommt. Verschlungene und aufgerollte, plastisch wirkende Bandformen sind ihre Merkmale, die vor allem bei Kartuschen und bei Wappen vorkommen. Daher wird das Rollwerk auch als Kartuschwerk bezeichnet.